Vor drei Wochen war die Welt noch in Ordnung, sagt Zimmerermeister Jörg Sorgenfrei. Da hat er noch pro Dachlatte um die 70 Cent gezahlt. Heute rufen einige Händler schon 1,89 Euro auf, bald müsse man mit zwei Euro rechnen. „Da ist eine Preisexplosion im Gange“, sagt der Handwerker, der in Blumenthal einen Betrieb mit acht Mitarbeitern hat.
Die Corona-Pandemie hat den Markt für Baustoffe durcheinandergewirbelt: Sand, Kies, Bitumen, Dämmstoffe und eben Holz werden teurer. Und das Problem nehme zu, sagt Ralf Stamer, Zimmerermeister und Präsident der Lübecker Handwerkskammer.
Die Bauvorhaben werden teurer
Er berichtet von einer Preissteigerung von 30 bis 40 Prozent in den vergangenen drei Monaten. Stamer, der einen Betrieb mit 40 Mitarbeitern führt, sagt, vor vier bis sechs Wochen habe er einen Kubikmeter Holz für 300 Euro einkaufen können. Jetzt müsse er 560 Euro dafür zahlen.
„Ich habe ein aktuelles Bauvorhaben für eine Hotelanlage, einen Pavillon, der zu 60 Prozent aus Holz besteht“, sagt Stamer. Den Preis habe er vergangenen Oktober festgesetzt. Würde er heute kalkulieren, müsste er 160 000 Euro mehr ansetzen. Viele Preise seien schon vor Monaten festgelegt worden. Eines stellt Stamer klar: „Der Waldbesitzer bekommt davon nicht viel mit. Er erhält nach wie vor 35 Euro pro Kubikmeter vom Sägewerk.“
Die schlechte Ernte klingt noch nach
Er weiß, dass viel Holz aus Europa exportiert wird: Zum einen liefere Kanada nicht mehr so viel Holz in die USA, wo die Baubranche boome. Zum anderen kauften auch chinesische Firmen viel ein. In die Container Richtung Asien würden massenweise Spanplatten geladen. Und: „2018 hatten wir eine schlechte Ernte durch die Dürre.“
Das Holz, das im Norden verbaut wird, kommt übrigens zum Teil aus dem Sachsenwald, zum Teil aber auch aus dem Bayerischen Wald und Schweden, denn Schleswig-Holstein ist kein waldreiches Bundesland. Und: Holz ist begehrt als Baustoff, es liegt im Trend.
Mit Holz Bauen geht schnell
Das bestätigt Erik Preuß vom Holzbauzentrum Nord in Kiel. „Auch Investoren setzen auf Holzbau. Die Bauprozesse sind schneller und präziser.“ Die Spannbreite reiche inzwsichen vom Einfamilienhaus bis zu einem 16-stöckigen Holzhochhaus, das in Hamburg entsteht.
Doch er macht weniger die heimische Nachfrage als vielmehr die aus den USA für die Knappheit und die hohen Preise verantwortlich. Dass die Lage eng ist, auch im südlichen Schleswig-Holstein und in Hamburg, bestätigt auch Michael Seitz vom Bündnis der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft.
Betriebe hoffen auf „Goodwill“ der Kunden
Aber: „Der Preis ist gar nicht so sehr das Problem“, sagt Preuß. Schon in den 1990er Jahren sei das Niveau ähnlich hoch gewesen. Das Problem sei der rasante Anstieg. Viele Betriebe haben ihre Preise eben schon vor Monaten kalkuliert. „Nun muss das Holz teurer eingekauft werden als es dem Kunden angeboten wurde. Mit jedem Stück Holz macht der Betrieb dann Verlust“. Da bleibe nur: Auf den „Goodwill“ des Kunden hoffen oder vom Angebot zurücktreten.
„Das Holz ist eben nicht nur teuer, es ist auch knapp“, erzählt Stamer. „Ich benötige für den Monat Mai noch 200 Kubikmeter. Die habe ich bestellt, aber noch keine Bestätigung.“ Er macht deutlich: „Wenn ich das Material nicht bekomme, muss ich Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.“ Den anderen Firmen gehe es genauso. Bis August oder September werde die Lage noch eng bleiben, wie Stamer schätzt. Preuß ist grundsätzlich optimistisch, dass sich die Preise stabilisieren und die Verfügbarkeit wieder besser wird.
Ausschreibungen ohne Preisanpassungen
Um Aufträge von der öffentlichen Hand bewirbt sich sein Unternehmen nicht mehr. „Früher gab es in den Ausschreibungen Lohn- und Materialklauseln, die angepasst werden konnten. Das war eine faire Sache. Diese Klauseln wurden herausgenommen.“ Stamer appelliert, dass die Klausel in Ausschreibungen wieder aufgenommen wird.
Im Wirtschaftsministerium weiß man um die Forderung, die im Mittelstandsbeirat diskutiert wurde. „Ein Abfedern der Preisschwankungen dürfte für das Land besser möglich sein als für kleine Handwerksbetriebe“, sagt Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Das Land könnte, im Gegenzug zu einem niedrigeren Grundpreis, das Risiko der Preisschwankungen übernehmen. Dies könne von den Betrieben in Ausschreibungen oder Verhandlungen durchaus eingefordert werden.
Zimmerermeister wünscht sich Exportstopp
Zimmerermeister Sorgenfrei findet, die Politik habe es in der Hand, den Preisanstieg zu begrenzen. Seine Forderung: „Wenn die heimische Wirtschaft nicht genügend Material bekommt, dann muss eben der übermäßige Holzexport gestoppt werden.“